Als der Fußball laufen lernte - Teil 3: Die Football Association
Das waren also die Voraussetzungen, als sich im Herbst 1863 Vertreter von elf Fußballclubs in der Londoner „Freemason's Tavern“ trafen. Dort gründeten sie am 26. Oktober 1863 die Football Association (FA) und einigten sich darauf in den kommenden Versammlungen ein einheitliches Regelwerk festzulegen. In den 14 Regeln, die am 8. Dezember desselben Jahres verabschiedet wurden, wurde unter anderem Treten, Halten und das Tragen des Balles verboten. Für die Anhänger der härteren Variante ging das zu weit. Sie verließen die Football Association und gründeten schließlich 1871 die Rugby Union. Die Trennung von Association Football und Rugy Football war damit endgültig vollzogen.
Erstaunlicherweise trat der eigentlich elitäre und der Oberschicht vorbehaltene Association Football von nun an einen nicht aufzuhaltenden Siegeszug an, der bald auch auf dem europäischen Kontinent Fuß fasste. Dabei profitierte der Association Football auch von einem offiziellen Wettbewerb, den es so in anderen Sportarten zunächst nicht gab: Am 11. November 1871 fanden die ersten Spiele zum FA-Cup, dem ältesten Vereinswettbewerb der Welt statt. Waren in den 1870er Jahren noch Vereine, die eindeutig der Oberschicht zuzuordnen waren, die Dominatoren des Pokals, übernahmen ab den 1880ern die Arbeitervereine das Kommando. Damit einhergehend entwickelten sich die Aktiven schnell zu Berufsfußballern, was einerseits zur sportlichen Bedeutungslosigkeit der elitären Amateurclubs führte und andererseits in der Gründung der Football-League 1888 mündete.
Der erfolgreichste Club der ersten Jahre (bis 1883) war der Wanderers F.C. mit fünf Titeln. Bezeichnend für die Geburtszeit des Fußballs, spielten dort die besten Spieler von verschiedenen Public Schools aus London und den Home Counties (Südostengland). Die Old Etonians aus Eton schafften es sogar sechsmal ins Finale, gewannen aber nur zwei davon. Weitere führende Teams der frühen Jahre waren die Oxford University und der Armeeclub Royal Engineers (jeweils ein Sieg und drei Finalniederlagen). Wie schon an den Namen zu erahnen ist, handelte es sich hier nicht um Sportvereine im heutigen Sinne. Es waren elitäre, oft aristokratische Clubs von Gentlemen, die den Fußballsport einer breiten Masse von Menschen bekannt machten.

Die Begeisterung erfasste die unteren Schichten schnell und schon kurz nach der Gründung der ersten Arbeitervereine trat eine Professionalisierung ein. Dazu trugen die immer weiter steigenden Zuschauerzahlen bei. Beim ersten FA-Cup-Finale 1872 wurden 2000 Besucher im Kensington Oval gezählt, 1884 waren es bereits 12000. Triebfeder der Professionalisierung waren die Vereine aus Blackburn. 1882 erreichten die Blackburn Rovers als erster Club aus dem Norden das Pokalfinale, unterlagen den Old Etonians jedoch mit 0:1. Ein Jahr später besiegte Blackburn Olympic den Titelverteidiger mit 2:1 nach Verlängerung. Olympic war gleichzeitig der erste Profiverein der Fußballgeschichte. Trotz seiner historischen Bedeutung hatte dieser Club jedoch nicht lange Bestand. Das lag auch an der starken Konkurrenz in der eigenen Stadt.
Ab 1884 erreichte keine der wohlhabenden südenglischen Amateurmannschaften mehr das FA-Cup-Endspiel. Die gesamte Entwicklung und der Erfolg der Blackburner Vereine veranlasste die FA 1885 dazu, offiziell den Professionalismus einzuführen. Nur die schottischen Amateure vom Queen's Park F.C. schafften es 1884 und 1885 noch ins Finale, scheiterten aber jeweils an den Blackburn Rovers, die auch 1886 triumphierten. Endspielgegner West Bromwich Albion erreichte auch im darauffolgenden Jahr das Finale und deutete damit die Stärke einer Stadt an, die bis zum 1. Weltkrieg den englischen Fußball dominieren sollte. Denn Sowohl West Brom als auch der Sieger von 1887, Aston Villa F.C., stammen aus Birmingham. Villa sollte bis 1915 sechs Meistertitel und sechs Vizemeisterschaften sowie vier Pokaltriumphe feiern. Der Stadtrivale gewann im selben Zeitraum immerhin zwei FA-Cup-Titel und erreichte vier weitere Male das Finale.
Ein anderer Klub, der in der Frühzeit Geschichte schrieb, war Preston North End. In den ersten fünf Jahren der 1888 von William McGregor ins Leben gerufenen Football League kam Preston jedes Mal unter die ersten Zwei. Die ersten beiden Ausgaben gewann North End sogar, 1888/89 holten sie das Double aus FA-Cup und Meisterschaft. Dieses Kunststück gelang auch Aston Villa 1897 und in den darauffolgenden rund 100 Jahren bis zur Gründung der Premier League 1992/93 nur noch drei anderen Vereinen (Tottenham Hotspur 1960/61, Arsenal FC 1970/71 und Liverpool FC 1985/86). Zwischen 1891/92 und 1894/95 wurde der Sunderland AFC dreimal Meister und einmal Zweiter. Dann begann die große Zeit von Aston Villa: Meister 1894, Pokalsieger 1895, Meister 1896, Meister und Pokalsieger 1897, Meister 1899 und 1900. Die „Galaktischen“ der Fußball-Geschichte des 19. Jahrhunderts stammten eindeutig aus Birmingham.
Zwischen 1903 und 1914 folgte zwar nur ein weiterer Meistertitel (1910) für Villa, dafür aber zwei Pokalsiege (1905 und 1913) und fünf Vizemeisterschaften (1903, 08, 11, 13, 14). In diesem Zeitraum war nur Newcastle United besser. 1905, 07 und 09 gewannen sie die Football-League. Zwischen 1905 und 1911 erreichte Newcastle fünfmal das FA-Cup-Finale, konnte jedoch nur 1910 den Titel feiern.

Statistik bis zum 1. Weltkrieg:
Football-League (1./2.) | FA-Cup (Sieger/Finalist) | Zeitraum
Aston Villa FC 6/6 | 5/1 | 1887-1914
Blackburn Rovers 2/0 | 5/1 | 1882-1914
Sunderland AFC 5/3 | 0/1 | 1892-1913
Everton FC 2/6 | 1/3 | 1890-1915
Newcastle United 3/0 | 1/4 | 1905-1911
Preston North End 2/4 | 1/1 | 1888-1906
Sheffield United 1/2 | 3/1 | 1897-1915
Sheffield Wednesday 2/0 | 2/1 | 1890-1907
Liverpool FC 2/2 | 0/1 | 1899-1914
Manchester United 2/0 | 1/0 | 1908-1911
West Bromwich Albion 0/0 | 2/4 | 1886-1912
Wolverhampton Wanderers 0/0 | 2/2 | 1889-1908

in der Amateurzeit (nur FA-Cup):
Wanderers FC 5/0 | 1872-1878
Old Etonians 2/4 | 1875-1883
Oxford University 1/3 | 1873-1880
Royal Engineers 1/3 | 1872-1878

Von Andreas Arens