Sonntag, 1. März 2015
Norwegen räumt ab, Deutschland Zweiter
Zum Abschluss der Nordischen Skiweltmeisterschaften stehen am Sonntag noch die 50 Kilometer der Herren auf dem Programm. Aber schon vor dem Klassiker des Skilanglaufs, der in diesem Jahr auch in der klassischen Technik ausgetragen wird, kann man eine Bilanz ziehen.
Und die fällt für die deutschen Sportler einigermaßen erfolgreich aus. Fünf Goldmedaillen, acht mal Edelmetall insgesamt (es wird wohl auch keines mehr hinzu kommen) bedeuten am Ende Rang zwei im Medaillenspiegel, auf Grund der Titelgewinne relativ deutlich vor Schweden, aber noch viel deutlicher hinter Norwegen. 10 Titel und insgesamt 19 Medaillen stehen für die Skandinavier bisher zu Buche, eine dürfte im 50 Kilometerrennen wahrscheinlich noch dazu kommen. Dann wären es, genauso wie beim bisherigen Rekordergebnis von der Heim-WM in Oslo 2011, 20 Medaillen. Die zehn Goldenen sind schon jetzt absoluter Bestwert – bisher waren acht Titel einer Nation bei einer WM das Maximum.
Auch der DSV darf sich über einen Rekord freuen: Mehr als fünf Gold- medaillen gab es bislang bei keiner WM. Die acht Podiumsplätze insgesamt erfüllen die hohen Erwartungen des Verbandes, nach dem goldenen ersten Wochenende hatte man sich vielleicht jedoch ein bis zwei Medaillen mehr ausgerechnet.

Die Skispringer konnten ausgerechnet im Teamwettbewerb von der Groß- schanze keine überzeugende Mannschaftsleistung abliefern und belegten beim souveränen Sieg der norwegischen Luftakrobaten nur den fünften Rang. Ein kleiner, aber herber Dämpfer zum Abschluss einer ansonsten hervorragenden WM. Drei Gold- und eine Silbermedaille steuerten die Skispringer und -springerinnen zur deutschen Bilanz bei. Es waren die ersten Titelgewinne seit 2001, als Martin Schmitt und das Team jeweils auf der Großschanze siegreich waren. Dieses Mal ersprangen Carina Vogt und Severin Freund im Einzel, sowie beide gemeinsam – zusammen mit Katharina Althaus und Richard Freitag – im Mixed die Goldmedaillen.
Ähnlich erfolgreich präsentierten sich die deutschen Kombinierer. Sie gewannen in jedem Wettkampf eine Medaille; zwei Mal Gold und jeweils ein Mal Silber und ein Mal Bronze stehen in der Bilanz. Immer mit dabei war Johannes Rydzek, der sich in den Einzelwettkämpfen Gold und Bronze sicherte sowie gemeinsam mit Eric Frenzel, Fabian Rießle und Tino Edelmann erstmals seit 28 Jahren auch wieder den Mannschaftstitel nach Deutschland holte. Abschließend gewann er mit Eric Frenzel im Teamsprint noch Silber. Dort mussten sich die beiden deutschen Vorzeigeathleten nur Frankreich geschlagen geben. Jason Lamy Chappuis und Francois Braud hatten sich schon im Einzel sehr stark präsentiert und bestätigten ihre Top-Form und das Top-Material der Franzosen in der Loipe mit der Titel-verteidigung im Teamsprint. Lamy Chappuis kündigte nach dem Rennen seinen Rücktritt zum Saisonende an. Er verabschiedet sich mit seiner fünften Goldmedaille – hinzu kommen fünf bronzene – bei Ski-Weltmeister-schaften vom aktiven Sport. Mit seinen drei Gesamtweltcupsiegen in Folge, 2009/10 bis 2011/12, insgesamt 26 Weltcupsiegen im Einzel und dem Olympiasieg von 2010 wird der Franzose den Fans des Nordischen Skisports aber noch lange in Erinnerung bleiben.

Aus dem Lager der norwegischen Skilangläufer gab es bisher dagegen keine Rücktrittsbekundungen. Dabei haben gleich zwei Athleten ihres Teams die bestehenden Medaillenrekorde ihrer Vorgänger, Björn Dählie und Jelena Välbe, gebrochen. Mit nun ebenfalls, wie Välbe, 14 Titeln ist Marit Björgen die erfolgreichste Teilnehmerin in der Geschichte der Nordischen Ski-WM. Mit vier silbernen und drei Bronzemedaillen hat sie insgesamt 21 Mal Edelmetall eingesammelt, vier Mal mehr als ihre russische Vorgängerin.
Ähnliches gelang auch ihrem männlichen Pendant Petter Northug, der mit 15 Medaillen zwar noch zwei weniger als Landsmann Dählie auf seinem Konto hat, mit seinen bislang drei Titeln 2015 aber nun 12 Goldmedaillen einheimste, drei mehr als Dählie. Auch im abschließenden 50-Kilometer-Marathon möchte Northug seine Endschnelligkeit nochmal ausspielen und Björgen in Sachen Goldmedaillen näher kommen.
Für Northug lief die WM in Falun also genau nach Plan, was man nicht von allen norwegischen Langläufern behaupten kann. Der zweifache Tour-de-Ski-Sieger und Weltcup-Führende Martin Johnsrud-Sundby hatte mit einer Erkältung zu kämpfen und wurde nicht einmal für die Gold-Staffel nominiert. In den Einzelrennen im Distanzbereich gab bisher gar keine Medaille für die Norweger, im Sprint präsentierten sie sich hingegen dominant. Mit dem erneuten Staffelsieg und einer möglichen Medaille im Abschlussrennen befinden sich die norwegischen Langläufer insgesamt in etwa in dem erwarteten Bereich. Das gilt am Ende auch für die Damen, was vor allem Therese Johaug und nicht, wie üblich, Marit Björgen zu verdanken war. Johaug dominierte zwei von drei Distanzrennen und lief auch den entscheidenden Vorsprung beim Staffelsieg heraus. Nur über die 10 Kilometer Freistil machten ihr, wie so ziemlich allen Favoritinnen, die Verhältnisse einen Strich durch die Rechnung. Dem einsetzenden Schnee-sturm, der insbesondere die zuletzt gestarteten Weltcup-Besten traf, konnte einzig die Schwedin Charlotte Kalla trotzen, die vor heimischen Publikum vielleicht das Rennen ihres Lebens lief und mit deutlichem Vorsprung vor zwei früh gestarteten US-Amerikanerinnen gewann.
Die deutschen Frauen enttäuschten. Steffi Böhler bestätigte mit dem sechsten Platz im abschließenden 30 Kilometerrennen als Einzige die Form, die sie im Weltcup gezeigt hatte. Nicole Fessel und Denise Hermann blieben hingegen unter den Erwartungen, deshalb wurde es auch nichts mit der erhofften Staffelmedaille. Davon hatten die deutschen Männer im Vorfeld nur träumen können. Gemessen an den Weltcup-Resultaten präsentierten sie sich in den beiden Teamwettbewerben sogar noch einigermaßen ordentlich.
Hier noch mein Tipp für den heutigen 50er:
1. Alex Harvey (Kanada)
2. Dario Cologna (Schweiz)
3. Johan Olsson (Schweden)

Trotz der leisen Enttäuschungen zum Abschluss bleiben die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Falun 2015 eine der erfolgreichsten in der Geschichte des DSV. In den Bereichen Skisprung und Nordische Kombination stellt man, gemessen an der Medaillenbilanz, sogar jeweils das beste Team. Es bestätigt, dass in diesen Sportarten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gute Arbeit geleistet wurde und dass hier auch einfach genügend Talente vorhanden sind. Im Skilanglauf müssen beide Aspekte erst noch nachgewiesen werden. Im Herrenbereich, in dem man vor 10 Jahren tatsächlich noch absolute Weltspitze war, ist man mittlerweile meilenweit von derartigen Ambitionen entfernt. Der damalige Höhenflug war vielleicht auch einer zwischenzeitlichen Schwächephase der Norweger zu verdanken, trotzdem konnte man die hervorragende Basis, die Axel Teichmann und Tobias Angerer mit ihren Erfolgen gelegt hatten, nicht in die Ausbildung neuer Top-Athleten umsetzen. Auch bei den Damen bleibt es abzuwarten, ob in den nächsten Jahren ernsthafte Medaillen-ambitionen gehegt werden dürfen.

Autor: Andreas Arens.


Statistik:

Medaillenspiegel (nach 20 von 21 Wettbewerben):
1. Norwegen 10/4/5
2. Deutschland 5/2/1
3. Schweden 2/4/2
4. Frankreich 1/2/3
5. Österreich 1/2/2
6. Russland 1/1/0


Erfolgreichste Athleten:
Therese Johaug (NOR) 3/0/0 (Langlauf)
Petter Northug (NOR) 3/0/0 (Langlauf)
Johannes Rydzek (GER) 2/1/1 (Kombination)
Marit Björgen (NOR) 2/1/0 (Langlauf)
Severin Freund (GER) 2/1/0 (Skispringen)
Rune Velta (NOR) 2/0/1 (Skispringen)
Carina Vogt (GER) 2/0/0 (Skispringen)

Anmerkungen: Therese Johaug gewann als bislang einzige Sportlerin (Olsson, Northug oder Vylegzhanin haben heute noch eine Möglichkeit) zwei Einzeltitel. Carina Vogt hatte als Damen-Skispringen nur zwei Medaillenchancen, beide nutzte sie golden, sowohl im Einzel, als auch im Mixed. Johannes Rydzek holte bei allen seiner vier Starts eine Medaille.



Dienstag, 24. Februar 2015
Goldene Halbzeitbilanz bei der Nordischen Ski-WM
Vier Goldmedaillen und einmal Silber lautet die Halbzeitbilanz des DSV-Teams bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im schwedischen Falun. Damit haben die deutschen Sportler ihr „Soll“ bereits erfüllt und befinden sich auf dem Weg zur besten Medaillenausbeute seit der Wiedervereinigung. In Sachen Goldmedaillen ist dieses Ziel sogar schon erreicht. Denn bisher gewannen deutsche Sportler erst ein Mal mehr als drei Titel bei einer nordischen WM. Das war 1974 – ebenfalls in Falun – als das DDR-Team (trotz weniger Wettbewerben als heutzutage) auf beinahe sensationelle fünf Gold- und sechs Silbermedaillen kam. Die besten Titelkämpfe aus deutscher Sicht gab es seitdem in den Jahren 2001 in Lahti (3 Gold/2 Silber/3 Bronze) und 2007 in Sapporo (2/4/3). Diese Bilanzen dürften, vielleicht auch was die Gesamt-Medaillen betrifft, in diesem Jahr übertroffen werden. Läuft es weiterhin optimal könnte zum zweiten Mal überhaupt eine zweistellige Anzahl an Medaillen herauskommen, vielleicht sogar mit mehr Titeln als 1974.
Im Unterschied zu den genannten Weltmeisterschaften ist es dabei gar nicht so unwahrscheinlich, dass die Skilangläufer gar kein Edelmetall mit nach Hause bringen. Im gestrigen Teamsprint präsentierten sich zwar sowohl die Damen als auch – überraschenderweise – die Herren in guter Verfassung (jeweils der vierte Platz), für eine Medaille, die am ehesten in der Damen-Staffel zu erwarten ist, braucht es aber Glück und gut präparierte Ski. Glück mussten die deutschen Skispringer/innen und Nordisch-Kombinierten nicht in Anspruch nehmen. In vier von fünf Wettbewerben gewannen sie Gold – in dem anderen Silber – schlicht auf Grund ihrer starken Leistungen. Carina Vogt (Skispringen) und Johannes Rydzek (Nordische Kombination) sind zur Zeit zudem die erfolgreichsten Athleten dieser WM, neben Petter Northug: Der neue Rekordweltmeister der Herren gewann 2015 ebenfalls schon zwei Titel.

Bei den Skilangläufern dominierten außer Northug auch sonst meist die norwegischen Fähnchen auf den Medaillenrängen. Nur Maxim Vylegzhanin aus Russland konnte den erfolgsverwöhnten Skandinaviern im Skiathlon zumindest einen WM-Titel abluchsen. Die anderen fünf Goldmedaillen gingen aber erwartungsgemäß nach Norwegen.
Eine leise Enttäuschung gibt es dann doch: Vorzeigefrau Marit Björgen sicherte sich im Klassik-Sprint zwar den ersten Platz beim Auftaktrennen der Titelkämpfe, enttäuschte beim Sieg von Rivalin Therese Johaug anschließend aber im Skiathlon und verzichtete danach auf den Teamsprint. Dort holten Ersatzfrau Maiken Caspersen Falla und Ingvild Flugstad Östberg dennoch souverän Gold; genauso wie ihr männliches Pendant Finn Hagen Krogh und Petter Northug.
Für die DSV-Athleten läuft es dagegen nicht rund, was nicht unerwartet kommt. Nach dem endgültigen Abschied der goldenen Generation um den zweifachen Einzel-Weltmeister Axel Teichmann könnte es noch lange dauern, bis deutsche Skilangläufer wieder um den WM-Titel kämpfen. Im Damenbereich dürfte aber in den nächsten Jahren, vielleicht auch bei der diesjährigen Staffel, durchaus mal eine Medaille drin sein.

Ganz anders sieht das in der Nordischen Kombination aus. Zum ersten Mal seit 1987 (!) triumphierte die deutsche Mannschaft mit Tino Edelmann, Eric Frenzel, Fabian Rießle und Einzel-Weltmeister Johannes Rydzek im Teamwettbewerb der WM. Seit 2003 gewann der DSV in dieser Disziplin sechs Silbermedaillen in Folge – und nun endlich den Titel. Etwas tragisch ist das Ganze für Björn Kircheisen, der in allen sechs Silber-Teams stand, in diesem Jahr aber Tino Edelmann den Vortritt lassen musste.
Kircheisen darf zumindest noch auf Einsätze von der Großschanze (Einzel und Teamsprint) hoffen, in denen die deutschen Sportler ihre Medaillenausbeute weiter steigern wollen. Vor allem Eric Frenzel wird nach dem vierten Rang im ersten Einzelwettkampf motiviert sein. Aber auch Johannes Rydzek und Fabian Rießle sind Anwärter auf Edelmetall.
Zum Höhepunkt in Topform präsentiert sich die französische Mannschaft um Erfolgsgarant Jason Lamy Chappuis. Nach einer durchwachsenen Saison gewann er sowohl im Einzel, als auch mit der Équipe tricolore Bronze. Eine kleine Enttäuschung sind bisher die Norweger, die zwar Silber im Team holten, im Einzel aber unerwartet leer ausgingen.

Dafür zeigten sich die Skandinavier im Skispringen von der Normalschanze überraschend stark. Rune Velta ist der neue Weltmeister im Einzel. Er führte die norwegische Mannschaft auch zu einer unerwarteten Silbermedaille im Mixed, in dem die beiden norwegischen Damen ihre beste Saisonleistung ablieferten. Nur Dank einer überzeugenden Vorstellung aller vier Springer schnappte sich Deutschland am Ende Gold. Carina Vogt, Richard Freitag, Katharina Althaus und Severin Freund bestätigten damit ihre Favoritenstellung nach den Einzelwettbewerben. Der zuvor als ärgster Widersacher eingestufte Titelverteidiger Japan – bei der Premiere dieses Wettkampfes 2013 Sieger vor Deutschland – wurde Dritter.
Auch in beiden Einzelspringen gab es Medaillen für den DSV: Gold für Carina Vogt, Silber für Severin Freund. Damit haben die Skispringer/innen ihre Medaillenziele bereits erfüllt. Während die WM für die Damen schon beendet ist, können die Herren nun frei aufspringen. Sowohl im Teamwettbewerb als auch im Einzel von der Großschanze sind Severin Freund und seine Mannschaft favorisiert. Gleiches dürfte aber auch für Rune Velta und sein Team gelten. Im Einzelspringen kommen allerdings noch viele andere Medaillenkandidaten hinzu.

Autor: Andreas Arens.



Samstag, 21. Februar 2015
Analyse des dritten Tages der Nordischen Ski-WM
Es war zwar nicht das ersehnte Gold, am Ende des Tages strahlte aber auch die Silbermedaille hell für die deutschen Skispringer. Vor allem das sehr gute Mannschaftsergebnis aller vier deutschen Starter lässt noch auf mehr hoffen. Auch im Skilanglauf fanden am heutigen Samstag Wettkämpfe statt, bei denen die DSV-Sportler aber nicht überzeugen konnten. Beste Deutsche in den Skiathlon-Rennen der Damen und Herren war Dauerbrennerin Steffi Böhler als Achtzehnte.

Das Skispringen von der Normalschanze in Falun konnte mit dem ersten Überraschungssieger dieser Weltmeisterschaften aufwarten. Der Norweger Rune Velta ist zwar kein Unbekannter in der Skisprung-Szene (Gesamt-Weltcup-10., Skiflug-Vizeweltmeister 2012) war bisher allerdings als ausgesprochener Skiflug-Spezialist aufgefallen. Die Normalschanze bevorteilt aber eigentlich absprungstarke Springer (die beim Fliegen wiederum Nachteile haben; das "Mittelding" ist die Großschanze), so dass Velta nicht zu den Medaillenkandidaten gezählt wurde.
Schon den Probesprung vor dem ersten Wertungsdurchgang gewann er. In diesem konnte sich Rune Velta dann abermalig an die Spitze setzen. Er lag vor Stefan Kraft, Severin Freund, Roman Koudelka und Taku Takeuchi in Führung, die ihm im zweiten Durchgang aber allesamt noch den Titel streitig machen konnten. Am Ende entschieden ganze 0,4 Punkte zwischen Gold und Silber.
1. Rune Velta (NOR)
2. Severin Freund (GER)
3. Stefan Kraft (AUT)
4. Roman Koudelka (CZE)
5. Taku Takeuchi (JAP)
6. Anders Bardal (TV) (NOR)
7. Richard Freitag (GER)
...
10. Marinus Kraus (GER)
11. Andreas Wellinger (GER)

Den entscheidenden Boden verlor Freund, der im zweiten Durchgang mit 96 Metern den neuen Schanzenrekord sprang, im ersten Sprunglauf, als er die Telemark-Landung verwackelte und deshalb relativ schlechte, allerdings noch eher gnädige, Haltungspunkte erhielt. Außer Freund, Kraft und Koudelka enttäuschten beim ersten WM-Wettkampf alle Favoriten (Prevc, Stoch, Ammann, Hayböck, Schlierenzauer, Kasai). Richard Freitag, mit Außenseiter-Chancen auf Edelmetall gestartet, genügte zwar den Ansprüchen, hatte aber, wie so viele, mit Timing-Problemen am Schanzentisch zu kämpfen. Sein zu früher Absprung verhinderte ein besseres Resultat. Trotzdem wussten die Deutschen, wie - von der Normalschanze etwas überraschend - auch die Norweger, mit mannschaftlicher Geschlossenheit zu überzeugen. Ganz im Gegensatz dazu die Österreicher: Stefan Kraft verhinderte eine totale Blamage der Alpenrepublik mit seiner Bronzemedaille so eben.

Eine Überraschung in negativer Hinsicht erlebte der Skiathlon der Damen. Marit Björgen, die bei den letzten vier Großereignissen alle Titel in ihrer Spezialdisziplin abräumte, lief mit über 1:30 Minuten Rückstand "nur" auf den sechsten Rang.
1. Therese Johaug (NOR)
2. Astrid Uhrenholdt Jacobsen (NOR)
3. Charlotte Kalla (SWE)
4. Kerttu Niskanen (FIN)
5. Sofia Bleckur (SWE)
6. Marit Björgen (TV) (NOR)
Nachdem Björgen nicht in Top-Form war (oder schonte sie sich nach ihrem Titel am Donnerstag für den morgigen Teamsprint?) kam der Sieg von Therese Johaug alles andere als unerwartet. Die kleine Norwegerin - Spitzname: Duracell-Häschen - ist mit ihrem geringen Gewicht und extrem frequenten Laufstil auf bergigen Kursen bevorteilt. Der legendäre Moerderbakken in Falun gilt hinter der Alpe Cermis/Val di Fiemme als wohl schwierigster Anstieg im Skilanglauf-Zirkus. Hier suchte und fand Johaug in der vierten und letzten Runde dann auch die Entscheidung. Ihrer Attacke konnten die Begleiterinnen Jacobsen und Kalla nicht widerstehen.

Schon nach nicht mal einem von insgesamt 15 Kilometern hatten sich zunächst neun (hier war Steffi Böhler noch dabei) dann sieben Sportlerinnen vom restlichen Feld abgesetzt. In der zweiten Klassik-Runde - der Skiathlon wird jeweils zur Hälfte im klassischen und im freien Stil ausgetragen - drückten zunächst Johaug und dann, überraschenderweise, Freistilspezialistin Kalla aufs Tempo. Erst Heidi Weng, dann Björgen, Niskanen und schließlich Bleckur fielen Stück für Stück zurück.
Einen schönen Erfolg feierte Astrid Jacobsen. Die Sprintweltmeisterin von 2007, die in den vergangenen Jahren immer wieder von Verletzungen und persönlichen Schicksalsschlägen (u.a. Selbstmord ihres Bruders vor Olympia 2014) gebeutelt wurde, errang im Endspurt gegen Lokalmatadorin Charlotte Kalla die Silbermedaille.

Das Herrenrennen konnte ich nicht verfolgen, deshalb auch leider keine Analyse, aber trotzdem das Ergebnis (und ein kurzer Kommentar):
1. Maxim Vylegzhanin (RUS)
2. Dario Cologna (TV) (SUI)
3. Alex Harvey (CAN)
4. Didrik Tönseth (NOR)
5. Maurice Manificat (FRA)
6. Calle Halfvarsson (SWE)
Der Kanadier Alex Harvey ist der erste Sportler dieser WM, der sich eine zweite Medaille sichern kann. Damit bestätigt er seinen Ruf als Falun-Spezialist - den auch schon sein Vater Pierre genoss - vollends. Der dreifache Olympiasieger Dario Cologna übezeugte mit dem zweiten Platz in seiner Lieblingsdisziplin einmal mehr. Nicht wirklich erwartet, aber keinesfalls sensationell ging der Titel an den spurtstarken Maxim Vylegzhanin, der sich seine erste Gold- nach zuvor sechs Silbermedaillen erlief. Die Gastgeber hatten vor allem auf Calle Halfvarsson gehofft, der zwar keine schlechte Leistung ablieferte, die schwedischen Herren aber weiter auf Edelmatall warten lässt. Anmerkung: keine Medaille für Norwegen!

Autor: Andreas Arens.



Analyse Skispringen/Damen und Nordische Kombination/Normalschanze
Einen sehr erfolgreichen Tag erlebten die deutschen Sportler gestern bei der Nordischen Ski-WM im schwedischen Falun. Neben dem beinahe erwarteten Titel in der Nordischen Kombination darf sich die erste Skisprung-Olympiasiegerin der Geschichte, Carina Vogt, nun auch Weltmeisterin nennen. Mit diesem Titel war - ebenso wie mit dem Olympiasieg - nicht unbedingt zu rechnen, auch wenn Vogt vorher zu den Medaillenkandiatinnen gehörte. Als Top-Favoritinnen traten Daniela Iraschko-Stolz aus Österreich und die Japanerin Sara Takanashi an. Die Rekord-Weltcupsiegerin aus Asien konnte ihre Leistung zum wiederholten Mal bei einem Großereignis nicht auf die Schanze bringen und landete, auf Grund eines schwachen ersten Sprunges, am Ende auf Platz vier.
1. Carina Vogt (GER)
2. Yuki Ito (JAP)
3. Daniela Iraschko-Stolz (AUT)
4. Sara Takanashi (JAP)
5. Taylor Henrich (CAN)
6. Sarah Hendrickson (TV) (USA)
Die Führende nach dem ersten Sprunglauf, Iraschko-Stolz, konnte ihre Position im zweiten Durchgang nicht verteidigen. Neben Vogt, die als Einzige zwei konstant starke Sprünge zeigte, schob sich überraschend auch noch Yuki Ito an der Österreicherin vorbei. Die Japanerin sicherte ihrem Land dann doch die gewünschte Medaille, die eigentlich von Sara Takanashi erwartet worden war. Zum dritten Mal in Folge wurde sie ihrer Favoritenstellung bei Großereignissen aber nicht gerecht; ihr scheint es wirklich an Nervenstärke zu fehlen - die dafür Carina Vogt auszeichnet. Wie im letzten Jahr bei Olympia konnte sie gestern ihre beste Saisonleistung zum gewünschten Zeitpunkt abrufen.
Auch für Titelverteidigerin Sarah Hendrickson dürfte dieser Wettkampf zumindest ein kleines Erfolgserlebnis gewesen sein. Nach langer Verletzungsmisere scheint der eigentliche Star des Frauen-Skispringens langsam wieder in die Spur zu kommen. Bereits bei der letzten Weltcup-Station - als allerdings nicht alle Top-Springerinnen am Start waren - hatte sie mit zwei dritten Plätzen überzeugt. In der nächsten Saison könnte Hendrickson die Lücke zu Takanashi, Vogt und Iraschko-Stolz schließen.

Auch in der Nordischen Kombination kam der Sieger aus dem deutschen Skiverband. Es war allerdings nicht Top-Favorit Eric Frenzel, der den Titel einheimste, sondern Johannes Rydzek.
1. Johannes Rydzek (GER)
2. Alessandro Pittin (ITA)
3. Jason Lamy Chappuis (TV) (FRA)
4. Eric Frenzel (GER)
5. Haavard Klemetsen (NOR)
6. Akito Watabe (JAP)
Frenzel hatte nach dem Skispringen noch in Führung gelegen, Rydzek auf Platz fünf. Im Verlauf des Langlaufs, der wie gewohnt in der Gundersen-Methode ausgetragen wurde (d.h. Punkte des Springens werden in Zeit umgerechnet und mit dem jeweiligen Abstand starten die Athleten dann in den Lauf) kristallisierte sich schnell eine siebenköpfige Spitzengruppe heraus, die die Medaillen am Ende unter sich ausmachen sollte. Enttäuschend war das vor allem für die Norweger, deren exzellente Langläufer nach schwachen Sprüngen keine Medaillenchance mehr hatten. Klemetsen, ein stärkerer Springer, konnte bei der Konkurrenz in der Spitzengruppe nicht unbedingt Edelmetall zugetraut werden. Als stärkster Läufer des Spitzen-Septetts hatte Alessandro Pittin zu gelten. Der Italiener hegte nach einem - für seine Verhältnisse - starken Sprung berechtigte Hoffnungen auf den Titel. Kurz vor dem Ziel griffen Pittin und Rydzek an, die Attacke hatte Erfolg. Auf der Zielgeraden sicherte sich Rydzek schließlich den Sieg. Für den Italiener war sicherlich auch die Silbermedaille ein großer Erfolg. Im Kampf um Bronze musste sich Seriensieger Eric Frenzel seinem Vorgänger als Dominator dieser Sportart, Titelverteidiger Jason Lamy Chappuis geschlagen geben. Der Franzose, der im Saisonverlauf wegen kleinerer Malässen nicht so recht hatte überezeugen können, bewies ein Mal mehr seine Nervenstärke und Endschnelligkeit und sicherte sich so seine sechste Einzelmedaille bei nordischen Ski-Weltmeisterschaften.

Autor: Andreas Arens.



Donnerstag, 19. Februar 2015
Analyse Klassik-Sprint, Damen & Herren
Die neuen Weltmeister im Sprint der Langläufer/innen kommen aus Norwegen. Mit Marit Björgen und Petter Northug siegten die beiden großen Stars der Szene. Während mit dem Erfolg von Björgen zu rechnen war, musste Petter Northug bis zuletzt um sein Ticket für den Klassik-Sprint bangen. Olympiasieger Ola-Vigen Hattestad sowie Eirik Brandsdal und Petters kleiner Bruder Thomas Northug waren bereits im Vorfeld der WM nominiert worden. Da das norwegische Team, wie jede andere Nation bei der Weltmeisterschaft, aber nur vier Startplätze zur Verfügung hat, war es bis zuletzt zweifelhaft, ob nicht doch Finn Hagen Krogh den Vorzug erhält. Dieser führt die Sprintwertung im Weltcup an (!) durfte letztendlich aber nicht an der WM-Entscheidung teilnehmen. Deshalb war mein Tipp (1. Hattestad, 2. Harvey, 3. Krogh) nicht mehr zu erreichen, denn ich bin von Krogh an Stelle von Petter Northug als Starter ausgegangen. Immerhin erreichten meine anderen beiden Favoriten das Podest:
1. Petter Northug (NOR)
2. Alex Harvey (CAN)
3. Ola-Vigen Hattestad (NOR)
4. Nikita Krijukov (TV) (RUS)
5. Federico Pellegrino (ITA)
6. Thomas Northug (NOR)
Es war ein hochklassig besetztes Finale. Allen sechs Startern war vorher durchaus eine Medaille zugetraut worden. Titelverteidiger Krijukov konnte im Saisonverlauf zwar keine Akzente setzen, aber der klassische Stil ist seine bessere Technik, was er auch bei dieser WM wieder bewies. Die Medaille verpasste er gegenüber Olympiasieger (in der freien Technik) Ola-Vigen Hattestad im Photofinish äußerst knapp. Auch der Kampf zwischen Gold und Silber musste im Photofinish entschieden werden. Der Kanadier Alex Harvey war Zeit seiner Karriere eigentlich eher ein Distanzläufer denn ein Sprinter. Allerdings gewann er im Teamsprint (klassisch) der WM 2011, gemeinsam mit Devon Kershaw, Gold und im Klassik-Sprint der WM 2013 bereits Bronze im Einzel. Als Spezialist für die Strecken in Falun und der Empfehlung eines zweiten Platzes am vergangenen Wochenende konnte man ihn also als heißen Medaillenkandidaten betrachten. In jeder Runde war er vor der Zielgeraden noch relativ weit hinten, doch zeigte er sich im Endspurt dann sogar stärker als der spätere Sieger Northug. Hätte Harvey früher die Spur gewechselt - er hatte sich zunächst hinter Petter Northug eingereiht - wären die Millimeter, die ihm am Ende zum Sieg fehlten, vielleicht drin gewesen.
Bei den Damen gab es ebenfalls ein namhaft besetztes Finale, das neben den vier Topkandidatinnen auf eine Medaille (Björgen, Östberg, Falla, Nilsson) auch die überraschend Prolog-Schnellste, Jusztyna Kowalczyk erreichte. Gegenüber meinem Tipp (1. Björgen, 2. Nilsson, 3. Östberg) gab es nur eine Veränderung auf der Bronze-Position: Maiken Caspersen Falla, Olympiasiegerin im (Freistil-)Sprint von Sotchi, die im Saisonverlauf häufig hinter Ingvild Flugstad Östberg platziert war, sicherte sich die letzte Medaille.
1. Marit Björgen (TV) (NOR)
2. Stina Nilsson (SWE)
3. Maiken Caspersen Falla (NOR)
4. Jusztyna Kowalczyk (POL)
5. Kari Gjeitnes (NOR)
6. Ingvild Flugstad Östberg (NOR)
Die Überraschung im Finale war die junge Kari Gjeitnes, die damit aber ihre schon etwas erstaunliche Nominierung durch die norwegischen Trainer bestätigte. Jusztyna Kowalczyk, bis zur letzten Saison Björgens große Konkurrentin in den Distanzrennen, zeigte sich gegenüber ihrer bisherigen Form deutlich verbessert, war nämlich Schnellste im Prolog und verpasste Bronze nur knapp. So war das Podest ein rein skandinavisches: Vor Falla platzierte sich der schwedische Nachwuchsstar Stina Nilsson auf dem Silberrang. Die U23-Führende im Weltcup könnte der norwegischen Dominanz in den kommenden Jahren wieder etwas mehr entgegenwirken. Noch ist aber kein Kraut gewachsen gegen Marit Björgen. Sie holte sich ihren dritten WM-Titel im Sprint in Folge und ihre insgesamt 30. Medaille bei Weltmeisterschaften (20) oder olympischen Spielen (10, davon 6 Gold). Mit einem weiteren Titel, der schon an diesem Wochenende möglich wäre, würde sie den WM-Rekord von Jelena Välbe (14 Titel zwischen 1989 und 1997) einstellen und damit endgültig zur größten Skisportlerin aller Zeiten werden.